Nachdem ich in den Genuss eines Gasherdes kam, fiel es mir schwer, daraufhin wieder mit elektrischen Kochplatten zu arbeiten. Auf meiner langen Suche nach einer Induktionsplatte, die sich wie ein Gasherd verhält, habe ich am Ende sogar Leistungskurven von Herden verglichen.
Herkömmliche Kochplatten
Seitdem ich also nach einem Umzug keinen Gasherd mehr habe, suchte ich nach einer möglichst stufenlosen Kochplatte. Naturgemäß ist dies in einer Guss- oder Halogenplatte mit diskreten Widerständen schwierig umzusetzen, denn diese sind entweder an oder aus. Man kann sie auch modulieren, indem man die Widerstände periodisch an- und ausschaltet. Genau dies tun Regelplatten.
Ich könnte auch einen Regel-Trafo vor die Herdplatte schalten und sie damit stufenlos regeln. Oder mit einem Schaltregler die Netzspannung reduzieren. All das will aber bei den 2 kW einer einzelnen Herdplatte gelernt sein, schließlich reden wir hier von potentiell tödlicher Netzspannung!
An dieser Stelle möchte ich auf Josef Scholzes Seite mit Informationen zu Herdplatten verweisen. Hier erfährt man, wie übliche Herdplatten verschaltet sind.
Selbst wenn ich die Herdplatte steuern könnte, wäre sie immer noch so träge wie vorher. Gerade Gussplatten sind geradezu der Inbegriff von Trägheit. Wenn möglich, hätte ich auch gerne die Schnelligkeit einer Gasplatte: Flamme ändern und die Wirkung ist instantan.
Induktionskochplatten
Vor Jahren tauchte ein neuer Heiland auf: Die Induktionskochplatte! Wie jeder neue elektronische Heilsbringer sollte sie besser als alles Vorherige sein. Ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Sie reagieren so schnell wie ein Gasherd, sind einfach zu säubern, erzeugen weniger Wrasen als ein Gasherd, sind sicherer (glauben wir das mal unhinterfragt), benötigen keinen Gasanschluss, sind einfach zu reinigen.
Mit der Zeit wird der geneigte Amateur-Koch auch die Nachteile kennenlernen, wie dass ein Ceran-Feld brechen kann, es sichtbar zerkratzt, Töpfe mit Kupfer- und Alu-Boden nicht funktionieren, Elektronik gerne kaputtgeht, und dergleichen. Das sind alles bekannte Probleme. Darauf möchte ich hier nicht herumreiten, sondern auf einige Aspekte eingehen, die mir darüber hinaus wichtig sind.
Aussehen und Bedienung
Wenn es ums Kochen geht, bin ich ziemlich bodenständig: Ich möchte doch nur einen Gasherd. Doch mangels Gasanschluss für einen solchen muss es etwas Anderes sein. Nichtsdestotrotz möchte ich als jemand, der seinen Tag damit verbringt, analyzisch zu arbeiten, etwas einfaches. Einen Herd, der einfach nur kocht. Keine Programmierung, keine hundert Tasten, keine zehn Modi, keine „Kindersicherung“, keine Uhr, die immer falsch geht.
So ein Herd braucht nur ein Bedienelement pro Platte mit dem man die Leistung einstellt. Mehr nicht. Dieses Bedienelement möchte ich immer erreichen können, sofort, für jede Platte. Auch wenn gerade heißes Nudelwasser über das Kochfeld rinnt.
Kochfelder entwickeln sich in eine andere Richtung: Einerseits geht der Trend zur Trennung von Kochfeld und Backofen, also zu freistehenden Kochfeldern. Dort ist der Druck hoch, ohne ein Panel mit zusätzlichen Bedienelementen auszukommen, weswegen alle Bedienelemente auf dem Kochfeld selbst Platz finden müssen. Andererseits gibt es einen Trend zum Kochfeld, das aus einer einzigen Ceranplatte ohne einen einzigen Durchbruch besteht. So eine durchgängige Glasfläche lässt sich sehr einfach säubern, zweifelsohne. Der Preis dafür ist, dass die Bedienung nur noch via Touch-Flächen erfolgt. Eventuell kommt irgendwann die Sprachsteuerung, aber da sind wir noch nicht.
So ist eines meiner liebsten Bedienelemente unter die Räder gekommen: Der Knauf
Er ist einfach, lässt mich erfühlen auf welche Leistung die Herdplatte gerade eingestellt ist und
lässt sich einfach, schnell und intuitiv in jede gewünschte Stellung drehen.
Es gibt Kochfelder mit Knäufen. Sogar Induktionskochfelder. Bei Miele haben die dann aber wieder Stufen, bei Neff ist es ein wackeliger Magnet-Drehknopf. Es ist zum Mäusemelken.
Damit kommen wir zum nächsten Aspekt: Der stufenweisen Bedienung.
Induktionskochplatten ermöglichen es, dass man sie stufenlos steuert. Nun bieten aber die meisten
Hersteller ihre Platten mit unter 10 Stufen an. Das ist nicht viel feinfühliger als ein alter
Elektro-Herd mit 6 Stufen für 300 Euro. Stufenlose Regelplatten gibt es seit Jahrzehnten. Bei Miele
habe ich immerhin schon 17 Stufen gesehen.
Das ist doch lachhaft, dass ich also für eine feinfühlige Kontrolle meines Kochfeldes wieder auf einen Gasherd zurückgreifen muss!
Pulsieren
Aber mit der geringen Anzahl der Kochstufen sind wir noch nicht fertig! Gerade einzelne Induktionsplatten können geringe Leistungen nicht erbringen, ohne die Platte andauernd an- und auszuschalten. Sie pulsieren, wie eine alte Mikrowelle bei weniger als voller Leistung: Einige Sekunden an, einige Sekunden aus, an, aus, …
Dieses Pulsieren führt bei niedrigeren Leistungen dazu, dass es einen kurzen Wärmestoß gibt, dem eine längere Pause ohne Wärmezufuhr folgt. Das ist weniger ein Problem, wenn man Töpfe mit richtig dicken Stahlböden hat, die viel Wärme speichern. Die gleichen diese Unterschiede aus und man merkt das Pulsieren weniger. Doch wehe, man hat preiswertes Kochgeschirr aus Stahl oder alte Emailletöpfe. Gibt man eine kleine Menge Wasser in einen kleinen Topf und stellt ihn auf das Kochfeld, ergibt sich bei kleiner Hitze folgendes Bild: Das Wasser kocht, es kocht wieder nicht, es kocht wieder, und wieder nicht, … Aus Erfahrung kann ich sagen: Tortenguss möchte man so nicht warmhalten.
Müssen Induktionskochplatten pulsieren? Nein. Nach meinem Studium diverser Schaltungen und Patente scheint es mir so, als wenn das einzig und allein darauf zurückzuführen ist, dass die Hersteller sich für eine preiswertere Schaltungsvariante entscheiden, die mit weniger Bauteilen auskommt. Das begrenzt den Frequenz- und damit Regelbereich der Platte. Unterhalb einer gewissen Schwelle müssen diese Platten pulsen. Weil die Maximalleistung ziemlich hoch ist, fängt das Pulsieren früh an. Eine Induktionsplatte mit weniger Maximalleistung könnte dementsprechend auch weniger Minimalleistung erbringen, ohne zu pulsen. Leider gibt es nur wenige Induktionsplatten, die nur 1000 Watt bringen und nicht gleich 2000.
Xiaomi Mi Home Induction Cooker (DCL01CM), die Erlösung?
Nach langer Recherche bin ich auf eine einzelne Induktionskochplatte gestoßen, die meine Anforderungen erfüllt: Xiaomi DCL01CM
Diese hat tatsächlich 99 Stufen. Das ist doch quasi stufenlos! Im Gegensatz zu 17 oder gar nur 9 Stufen bei diversen Markenherstellern von Kochfeldern ist das der Inbegriff des Feingefühls. Erschwinglich ist die Platte dazumal.
Die Anbindung der Platte an die Xiaomi-Cloud kann man sich sparen, finde ich. Es ist zu umständlich und wenn alles funktioniert, gibt es nur wenige zusätzliche Modi.
Der Drehknopf fühlt sich ziemlich billig an, das Display in der Mitte des Drehknopfes ist eine gute Idee.
Auch sehr angenehm: Nimmt man den Topf von der Platte, piept sie einmal und ist danach erst einmal ruhig, bis sie sich eine Minuten später abschaltet. Im Gegensatz zu diverser Konkurrenz, die in dem Fall alle paar Sekunden piept bis man den Topf wieder auf die Platte stellt, ist das eine willkommene Ruhe in der Küche, wenn man spontan den Topf vom Feuer nimmt.
Ansonsten ist die Bedienung so einfach wie schmucklos: Anschalten und gewünschte Stufe einstellen. Mit dem linken Touch-Knopf lässt sich ein Timer einstellen, aktiviert wird er durch Drücken des Display-Knopfes.
Und wie sieht es mit dem Pulsieren aus? Tatsächlich gibt es nur eine Stufe von 99 auf der die Platte pulsiert, das ist die erste. Ab Stufe 2 heizt die Platte kontinuierlich.
Diese Kochplatte kann ich nur wärmstens empfehlen, falls jemand eine einzelne Induktionsplatte sucht. Genügen jemandem 9 Stufen, von denen 8 ohne Pulsieren auskommen, tut es auch das preiswertere Modell DCL002CM ohne Display und Cloud-Gedöns.
Vergleich verschiedener Kochplatten
Kommen wir zum interessanten Teil dieses Artikels: Dem Vergleich der Feinfühligkeit und des Regelbereichs.
Regelbereiche
Mit Blick auf die Datenblätter und meine Messungen lässt sich der Regelbereich der jeweiligen Herdplatten berechnen, als der Bereich zwischen kleinster und größter Leistung einer Platte:
Platte | Herdplatte aus Guss, groß | Rommelsbacher CT 2215/IN | Xiaomi DCL01CM | Xiaomi DCL002CM | Gasherd, Normalbrenner |
---|---|---|---|---|---|
Regelbereich nicht pulsierend (max:min) | 10:1 | 5,4:1 / 3,6:1? | 4,5:1 | 4,2:1 | 3,6:1 |
Regelbereich pulsierend (max:min) | 10:1 | 25,3:1 | 9,0:1 | 8,4:1 | 3,6:1 |
Die gute alte Guss-Herdplatte ist hier ganz vorne dabei mit 10:1. Mit Abstand den letzten Platz belegen die Gas-Brenner: Hier braucht es je nach Leistungsbereich einen verschiedenen Brenner.
Danach folgt das Mittelfeld der Induktionsplatten. Bei ihnen bevorzuge ich, den nicht Regelbereich ohne Pulsieren anzugeben, denn die Rommelsbacher kommt zwar bis auf 75 Watt runter, aber das Tastverhältnis ist so extrem, dass das meiner Erfahrung nach praktisch schwer zu nutzen ist. Zudem ließe sich die Pulsdauer beliebig verkürzen, sodass der Regelbereich gegen ∞:1 geht. Leider habe ich bei der Rommelsbacher vergessen aufzuschreiben, ab wann sie genau zu pulsieren beginnt.
Ohne Pulsieren, ist die präzise Xiaomi-Platte vorne dabei, mit der Hälfte des Regelbereichs einer billigen Guss-Herdplatte.
Ich bin sehr überrascht, muss ich sagen. Tatsächlich fiel mir auf, dass ich auf dem Gasherd oft Töpfe von einer zur anderen Flamme ziehen musste. Etwas, das ich auf dem E- und Induktionsherd selten tue.
Leistung pro Stufe
Die folgende Grafik zeigt die Regelstufen diverser Herdplatten, normiert auf 1-99. Bei der Xiaomi DCL01CM entsprechen diese Schritte genau den 99 Stufen der Platte, bei den anderen wurden deren 6 oder 9 Stufen auf 1-99 abgebildet. Am Ende des Artikels findet sich das OpenOffice-Dokument allen Zahlen.
Man sieht sehr schön, dass die Leistung der Gussplatte überlinear ansteigt. So lässt sich mit wenigen Stufen ein großer Bereich überstreichen. Die Induktionsplatte von Rommelsbacher hat eine ähnliche Verteilung der Leistung auf ihre Stufen. Allerdings ist die Kurve deutlich steiler: Das fiel mir auch beim Kochen auf. Dort habe ich mir oft Zwischenstufen im oberen Bereich gewünscht, weil die Unterschiede zwischen den Stufen dort zu groß waren.
Wie die Leistung der Gas-Brenner vom Winkel des Knaufs abhängt, weiß ich leider nicht. Es könnte linear oder polynomiell/exponentiell sein. Weiß jemand Genaueres?
Auffällig ist, dass die beiden Xiaomi-Induktionsplatten eine lineare Leistungsregelung haben. In der Mitte gibt es einen Knick, dort wo die Frequenz gewechselt wird. Diese lineare Regelung ist sehr schade, weil man so unnötig Präzision bei kleinen Leistungen verschenkt, aber sie dafür bei großen Leistungen hat, wo der Unterschied kleiner ist. Die Kurven sind etwas welliger als die anderen weil ich nur alle 5% einen Messwert genommen habe und es Messwerte sind. Die anderen Zahlen sind Soll-Werte aus den Datenblättern. Die lineare Kurve der Xiaomi-Platten merkt man im Alltag daran, dass man entweder bei über 90% kocht oder auf weniger als 5% herunterdreht. Den Zwischenbereich nutze ich sehr selten.
Fazit
Möchte mich ein Hersteller mit einem Induktionskochfeld mit stufenlosen Drehknäufen glücklich machen? Quasi ein Gasherd mit Strom? Ich hoffe doch! Ansonsten bleibe ich bei meiner Xiaomi-Kochplatte oder rechne damit, dass die nächste Wohnung einen Gasanschluss hat. Was meint ihr?
Anhang
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