Manchmal gibt es so Tage, an denen freue ich mich, wenn sich die Leute daran erinnern, dass ich ab und zu Geräte wieder ganz mache – und mir einen 24”-Monitor schenken. Noch einmal vielen Dank dafür, mit zwei Monitoren habe ich so viel Arbeitsfläche, dass ich kaum weiß, was ich darauf alles packen soll. Von Datenblättern, Filmen in Full-HD und meiner Diplomarbeit mal abgesehen. ;-)
Doch am Anfang stand der Dell 2407WFP (was sagt das „b“ am Ende?!) bei mir und tat nichts. Zuvor hat eine Werkstatt einen inakzeptabel hohen Kostenvoranschlag erarbeitet und ein kaputtes Netzteil diagnostiziert. Ach, das ist ja auch eine der Hauptursachen für Geräteausfälle. ;-) Nachdem das Gehäuse entfernt war, offenbarte sich ein halbes Flussmittelmassaker auf der Netzteilplatine, das ich leider nicht fotographiert habe.
Analyse
Anfänglich ging ich davon aus, dass das Gerät schonmal repariert wurde, jedoch ergaben Rückfragen, dass das Flussmittelmassaker anscheinend beim Kostenvoranschlag entstand. Während ich anfangs dachte, da hätte jemand ohne Wissen rumgelötet, wusste ich zum Schluss, dass da jemand genau wusste, was er tat: Fehler suchen. Dass das nicht so handwerklich sauber wie möglich gemacht wurde – geschenkt, es sieht nur hässlich und unprofessionell aus. Reste davon erkennt man noch auf dem vorletzten Bild. Die Sicherung mit Lötfahnen wurde durch einen normalen Sicherungshalter ersetzt. Da zuvor eine lange US-Sicherung verbaut war, war der Halte für die neue deutsche Sicherung aber zu lang, weswegen sie festgelötet wurde (nein, nicht von mir!). Das funktioniert sicher prima und ist zuverlässig, bekommt von mir aber keine Auszeichnung für herausragende Eleganz.
Zuerst ein wenig zur Netzteiltopologie: An der Kaltgerätebuchse sieht man einen Trafo, im oberen Teil des Netzteils noch einen, daneben einen dicken Kühlkörper und Elkos. Man muss keine Bauteilnummern lesen, um herauszufinden, dass der untere Teil eine PFC ist, die den dicken Elko in der Mitte auf 400 Volt auflädt. Darüber befindet sich ein Schaltnetzteil, das daraus 24 Volt erzeugt.
Ein wenig Rummessen mit dem Multimeter ergab, dass der Schalttransistor, ein N-MOSFET, durch war. Über ihm ist ein Widerstand, um den Strom durch Trafo und MOSFET zu messen, der Brandspuren und Abplatzungen aufwies und hochohmig war. Durchgeschossen war auch eine Diode am Gate des MOSFETs, über die er vom der PFC-Controller durchgeschaltet wird.
Durch die defekten Teile gibt es also einen direkten Pfad vom Gleichrichter zum 400-V-Zwischenkreiselko. Prima, also den Stelltrenntrafo rausgeholt und das Netzteil in Reihe mit einer Glühlampe angeschlossen. Den Stelltrafo aufgedreht, bis 400 Volt am Zwischenkreis anliegen und – nichts. :-( Eigentlich hätte jetzt der Schaltregler anspringen und die 24 Volt erzeugen sollen.
Anstatt an der Stelle schon aufzugeben, wollte ich noch den PFC-Kreis in der Hoffnung reparieren, dass er irgendwie dem Schaltregler signalisiert, zu starten. Dann als aus einem anderen Schaltnetzteil einen passenden MOSFET rupfen und alle erkannt defekten Teile ersetzen (ja, sogar den Shunt-Widerstand). Als nächstes das Netzteil vorsichtig hochfahren, doch die Glühlampe leuchtet. Nanu, der MOSFET wird dauernd durchgeschaltet. Ohne Lampe als Strombegrenzung mit negativem Widerstand hätte es wie zuvor peng gemacht und sicher wieder den Shunt samt MOSFET zerlegt. Ein wenig gemessen, auf einmal geht die Lampe aus, aber die PFC schwingt nicht. Der MOSFET wird in keine Richtung von der PFC gesteuert. Wieder nachgemessen: Der PFC fehlt die Versorgungsspannung. Die kommt aus einer etwas trickreichen Schaltung über eine Hilfswicklung des oberen Schaltreglers mit TL431-artiger Spannungsreglung. Oder auch nicht, denn es kam nichts mehr an. Doch ohne Schaltplan verliert man irgendwann die Lust, so etwas weiter zu analysieren. Also weg mit dem Netzteil?
Mit Resignation zum Erfolg
Netzteile zu ersetzen ist schwierig, wenn sie viele schräge Spannungen liefern. In diesem Fall wunderte ich mich zwar, wieso die Elektronik drei Steuersignale an das Netzteil liefert (an/aus – und was noch?!), doch das Netzteil liefert nur eine Spannung: 24 Volt. Mehr nicht. Ein kurzer Test am Labornetzteil zeigte, dass der Monitor funktioniert, sobald man die 24 V anlegt. Natürlich habe ich keinen Ersatz in der Bauform mit 24 Volt gehabt, am nächsten war ein 20-Volt-Netzteil von einem alten Dell-Laptop mit 4,5 A. Also habe ich das alte Netzteil ein wenig ausgeschlachtet, im Bild fehlen schon Kühlkörper, Schalttransistoren und ein paar Kondensatoren.
Um die 24 V in den Monitor zu bekommen, habe ich einfach die Buchse benutzt, die eigentlich externe Lautsprecher versorgen soll, jedoch nicht mit 24 V. Zwei dicke Kabel führen jetzt die Versorgungsspannung von der Buchse zu den restlichen Glättungselkos am oberen Ende des Netzteils, die alte Leiterbahn von der Steuerplatine zur Buchse wurde natürlich durchgetrennt. Da mir die Masseleiterbahn auch etwas dünn für die 4 A aussah, bekam sie zusätzlich ein dickes Kabel.
So, damit funktionierte der Monitor zumindest vom Labornetzteil über die Hohlbuchse versorgt prima, womit eine Frage verbleibt: Wieso „Dull as Dell“? Naja, die Konstruktion des Monitors ist schon echt preiswert und dämlich:
- Ich wollte die Leiste mit den Tastern und LEDs vorne reinigen. Das geht aber gar nicht, weil die Tasterkappen mit dem Kunststoff verschmolzen sind…
- Die Bedienung des Menüs ist katastrophal: Die Kontraste sind so gewählt, dass man kaum erkennt, welcher Menüpunkt gerade gewählt ist. Ach ja, das Menü lässt sich auch nur aufrufen, wenn der Monitor ein Eingangssignal anzeigt?!
- Der Stromverbrauch ist 25% höher als bei meinem lieben HP LP2475w, obwohl letzterer ein LCD-Panel mit größerem Blickwinkel und besserer Farbtreue hat.
- Der Monitor zeigt die ersten fünf Sekunden beim Anschalten eine Animation des Firmenlogos an, bevor das Eingangssignal angezeigt wird. Hallo?
- Die Eingänge werden vorne als Nummer angezeigt, obwohl jeder Eingang einem anderen Standard entspricht. Dass 1 VGA und 2 DVI ist, muss man also wissen.
- Der Monitor spricht Babelfish-Deutsch: > Kein Signal aus Rechner. > Drücken Sie auf beliebige Taste oder Maus, um System aufzuwecken, > oder auf Eingabe-Taste des Displays, um zu anderer Quelle zu wechseln.
Aber dem geschenkten Maul guckt man bekanntlich nicht ins Maul, also weiter geht’s mit der Suche nach einem Netzteil.
Dull as Dell, der zweite Teil
Natürlich habe ich kein 24-V-Netzteil mit 100 Watt so rumliegen, am nächsten ran kam aber ein altes Dell-Laptopnetzteil mit 20 Volt und 90 Watt. Dell-Netzteil mit Dell-Monitor, ach das passt doch wie die Faust aufs Auge.
Kein Problem, denkt sich Dennis: Da ändert man die Widerstände am Spannungsteiler der Spannungsreglung, und schon kommen da 24 Volt raus. Ja, da habe ich die Rechnung aber ohne den Netzteilhersteller, Liteon, gemacht. Das Netzteil, Dell PA-1900-05D, ähnelt nicht nur in der Modellnummer einem Liteon PA-1900-irgendwas. Glücklicherweise ließ sich dazu ein Schaltplan bekommen, der sich jedoch als grob richtig, aber im Detail falsch herausstellte. Insbesondere konnte er nicht klären, welcher Schaltregler sich hinter 3Y07012 oder so versteckt.
Jedenfalls besitzt das Netzteil eine schon etwas umständliche sekundärseitige Regelung mit einer Zusatzwicklung auf dem Trafo, dem berühmten TL431 und noch einem TSM103. Mit ein wenig Rumstochern mit einem Widerstand fand ich den Punkt, an dem ich angreifen musste, um die Ausgangsspannung zu verändern. Ein Poti nach Masse ließ mich die Spannung so erhöhen, doch ab 23 Volt schaltete sich das Netzteil aus und nicht automatisch wieder ein. :-/ Nanu, ist da noch eine Überspannungserkennung? Kein Problem, das geht doch sicher über den zweiten Optokoppler, schließen wir den mal kurz. Ja, Pustekuchen, ändert nichts. Vielleicht ist der für Überstrom da, ich habe ihn niemals aktiv gesehen. Also ist diese Abschaltung rein primärseitig, sprich: Ade 24 Volt, oder ich stochere in dem Teil mit der Netzspannung ohne Schaltplan rum. Das ist glücklicherweise nicht erforderlich, denn auch die 22,5 Volt, die das Netzteil gerade so bringt, ohne sich im kalten oder warmen Zustand abzuschalten, reichen für den Monitor aus. :-) Also das Poti fixiert, einen Kabelbinder drum und schwups ist das Netzteil fertig. Das nebenstehende Bild zeigt das tolle Dell-Ensemble. Handwerkliches Mittelmaß gesellt sich gern, möchte man meinen. Denn nein, meine Meinung über das Netzteil ist nicht die Beste: Es hat zu viele Bauteile für das Bisschen Funktionalität.
Thinkpad T400 mit zwei Monitoren
Nachdem der Monitor lief, musste mein Thinkpad T400 nur noch überredet werden, beide Monitore zu benutzen. Das ist tatsächlich fast leicht. Es endet damit, dass ich Switchable Graphics nicht benutzen konnte, weil dann das Ding beim Aufklappen unter Linux einfriert. So sehr, dass es sich nur noch hart ausschalten lässt und danach bis zum Entfernen des Akkus nicht mehr angeht. :-O Also ist der Modus Discrete Graphics der Modus der Wahl. Mit ein paar Stromspareinstellungen ist die alte ATI Radeon in meinem Laptop gar nicht so stromhungrig und beide Monitore funktionieren.
Also, noch einmal vielen Dank für den Monitor! So viel Platz auf dem Bildschirm ist echt eine Wohltat.
Nachtrag
Ein aufmerksamer Leser machte mich darauf aufmerksam, dass diese Monitornetzteile unter einem Fertigungsfehler im Pufferelko leiden. Tom Debster beschreibt auf seiner Seite über genau das Modell das Problem und bietet auch die passenden Bauteile an. Also der Elko wird hochohmig und daraufhin zerlegt sich der Schaltregler und die PFC. kopfkratz Wahrscheinlich erzeugt die PFC Spannungsimpulse, die der Elko halt nicht mehr aufnehmen kann und die Überspannung zerstört dann halt beide ICs samt etwas Hühnerfutter.
Danke an Sebastian für den Tipp, falls jemand das Netzteil reparieren möchte!